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Sonstige Themen

Umgang

Disziplinschwierigkeiten: Interner Faktor Nummer 1 – der fade Unterricht

Die Welt ist ungerecht. Auch bei größter Anstrengung in Ihrem so geliebten Fach Chemie werden Sie es wohl nicht schaffen, an Beliebtheit mit dem Sportunterricht gleich zu ziehen. Natürlich könnten Sie Bombenanleitungen aus dem Internet laden und die Schüler dann zur Chemiestunde bitten, aber das wäre erstens schwer illegal und der Versuch, in jeder Chemiestunde „Bombenstimmung“ zu verbreiten, ein Aufwand, dem Sie sich wohl auch nicht permanent stellen wollen. Wir müssen es zur Kenntnis nehmen: Das Schülerinteresse liegt auch am Fach. Trotzdem können sich die Schüler auf spannende Chemie, Englisch- oder Mathestunden freuen. Aber wie? An den Pädagogischen Hochschulen haben Sie sicher viele tolle Unterlagen für den Unterricht gebastelt, haben mit Farbe gearbeitet und tolle Medien in Ihre Übungsstunden eingebaut. Haben Sie aber auch auf den Methodenwechsel geachtet? Eben. Gerade Lehreranfänger unterschätzen die pädagogische Macht, die dem Methodenwechsel innewohnt. Ich versuche in jeder Stunde zumindest eine kurze Gruppenarbeit zu realisieren, eine Partnerarbeit ist meist ohnehin enthalten. Wenn es geht, verbinden Sie Methodenwechsel mit Platzwechsel oder einem Mehr an Bewegung. Wir machen uns als Lehrer oft keine Vorstellung mehr, wie schwer es für Kinder ist, sechs oder mehr Stunden ruhig zu sitzen und meist nur passiv zu adaptieren, was vorgesetzt wird. Wir machen uns auch deswegen keine Vorstellung, weil wir es nicht anders kennen. Es ist jedem Lehrer anzuraten, sich mal drei Stunden am Stück bei einem anderen Kollegen als Probeschüler reinzusetzen.

Ein Beispiel: In Englisch sollen am Ende der Stunde die Zeitenbildungen der Past Tense wiederholt werden. Das können Sie öde mit einem Arbeitsblatt erledigen. Oder Sie teilen Ihre Schüler in vier Gruppen auf und stellen Sie in jede Ecke des Raumes. Die Gruppen spielen gegeneinander. Ich rufe jeder Gruppe ein Verb zu, die Gruppe hat 5 Sekunden Zeit, den Past Tense Satz zu bilden. Gelingt das in der Zeit nicht, kommt die nächste Gruppe an die Reihe. Mit Strichen auf der Tafel wird der Fortgang dokumentiert. Die Siegergruppe erhält ein Plus.

So ein kurzes Lernspiel weckt die Lebensgeister, die Schüler bewegen sich etwas, durch den Wettbewerb wird der Ehrgeiz angestachelt und da nicht am Zettel gearbeitet werden kann, muss die Zeitenbildung visualisiert werden. Gar nicht davon zu reden, dass Sie sich den Aufwand für das fade Arbeitsblatt gespart haben. Oder: Bilden Sie Dreiergruppen, zwei Schüler spielen gegeneinander, der Dritte ist der Schiedsrichter. Jeder Schüler bildet in 30 Sekunden so viele Past Tense Sätze wie er kann, dann wird gewechselt. Solche kleine Zwischendurchaktivitäten sind Gold wert und halten den Unterricht am Laufen. Gerade in der Phase der Wiederholung sind diese toll. Zur inhaltlichen Erarbeitung sind sie aber weniger geeignet. Hier braucht man vor allem Ruhe und Einsicht in die Zusammenhänge und da eignet sich entweder ein Erarbeitungs-Arbeitsblatt oder – was mir viel lieber ist – ein effizienter Klassenvortrag („Frontalunterricht“) mit Tafeltextunterstützung viel eher.



Zeit

Werden Sie Zeitmanager!

Über die Notwendigkeit, das Stundenende und den Beginn zügig und strukturiert zu gestalten und dafür die Mitte kurz aufzulockern, wurde bereits gesprochen. Sie können noch ein wenig mehr in diese Richtung tun, indem Sie Abläufe standardisieren. Was meine ich damit? Legen Sie klar fest, wer wann auf die Toilette darf und wie danach gefragt wird. Legen Sie Wiederholungen auf Fixtermine und variieren Sie hier nicht. Wenn Sie Ihre Wochenplanung gestalten, lassen Sie unbedingt „Luft“ für Wiederholungen und Unvorhergesehenes. Gerade als Neulehrer neigt man dazu, die Stunden zur Gänze mit Inhalt zu füllen und auf das Wiederholen zu vergessen. Bauen Sie eine Wiederholungsphase des in der Stunde Gelernten ein! Die Wiederholung muss nicht den Charakter des Paukens haben. Ich prüfe gerne mit meinen „Plus“ Stempeln oder indem ich die Fragen mit einem Ball stelle, der reihum zugespielt wird. Dann geht das gleich leichter. Auch wenn ein Schüler in eigenen Worten den Inhalt der Stunde zusammenfasst, bleibt erfahrungsgemäß bei den anderen viel hängen. Auch Sie können das Gelernte zusammenfassen. Das mache ich in Geschichte gerne. Allerdings lüge ich dabei, dass sich die Balken biegen – und die Schüler korrigieren mich. Was für ein Spaß, wenn sie mir auf Schliche kommen!

Gerade in den Sprachen, aber auch in Geschichte oder Chemie und Physik geht es ohne gründliche Wiederholung nicht ab. Meiner Erfahrung nach ist es in den Nebenfächern ausreichend, jeweils zu Stundenbeginn die beiden letzten Stunden mündlich wiederholen zu lassen.


Unterricht

Der Unterricht

Der Unterricht ist und bleibt unser Kerngeschäft. Obwohl es auch wichtig ist, sich mit den Kollegen auszutauschen und einen guten Kontakt zu unterhalten, dürfen wir das nie aus den Augen verlieren. Hier werden Sie scheitern oder erfolgreich sein, hier entscheidet sich, was Sie in den nächsten Jahren an Erfolgen zu verbuchen haben – oder eben auch nicht. Über den Umgang mit Kindern und Jugendlichen sind Bücher geschrieben worden, die mehr als eine Bibliothek füllen könnten – und es kommen immer wieder eine ganze Menge mehr auf den Markt. Es gibt Bücher zur Pädagogik Marke XY und Bücher zur AZ-Methode. Alle diese Bücher zu lesen ist schlechterdings eine Unmöglichkeit – und es ist auch einfach unnötig.

Ich persönlich kenne wenige Bereiche der Wissenschaft (einige Teilbereiche der CMS -Programmierung ausgenommen), in denen Wissen so schnell veraltet oder sich verändert, wie im Bereich von Unterricht und Schule. Das mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, haben wir es doch hier nicht mit technischen Gegebenheiten zu tun, sondern mit jungen Menschen in ihrer Entwicklung. Anders als in den Bereichen der Technik und generell der Wissensbereiche „Science“ (womit das Gemeinte wesentlich exakter umrissen ist als mit dem deutschen Äquivalent „Naturwissenschaften“), handelt es sich nicht um technische Reformationen und Entwicklungen, die den Büchermarkt befeuern. Innerhalb der Pädagogik tobt die Auseinandersetzung der Weltanschauungen. Das ist kein schlimmer Befund – die Erziehungswissenschaften / Unterrichtswissenschaften sind dabei in guter Gesellschaft mit den meisten anderen Sozialwissenschaften. Und es ist bis zu einem gewissen Grad auch rational nachvollziehbar, dass dort, wo es um den Menschen geht, auch Wert- und Weltbilder vermittelt werden und es zu einem Wettbewerb der Ideen kommt. Das sollte man akzeptieren und wenn es sich im demokratischen Rahmen bewegt, auch tolerieren. Trotzdem ist Vorsicht angebracht. Der „pädagogischen Debatte“ in ihren Moden folgen zu wollen, ist schon zeitlich unmöglich und es bringt Sie im Unterricht nicht weiter. Lassen Sie diese Fragen in den Elfenbeintürmen der Hochschulen – und damit auch hinter sich. Ihre Zeit werden Sie gerade am Anfang in der praktischen Unterrichtsvorbereitung und dem täglichen Umgang mit den Kindern sinnvoller verbringen können.

Der Umgang mit Schülern mag Ihnen am Anfang nicht das meiste „Bauchweh“ bereiten – schließlich gibt es Kollegen und Kolleginnen, den Schulleiter, den Schulwart, die Schulbehörde und Eltern. Alle diese Personen sind meist erheblich älter als sie und man ist deshalb geneigt, den Umgang mit diesen Leuten sehr ernst zu nehmen. Lassen Sie sich aber nicht beirren – Ihre Leistung erbringen Sie in der Klasse. Hier müssen (und werden Sie!) erfolgreich sein!

Damit es dazu kommt, sollten Sie einige Tipps aber durchaus beherzigen. Es ist im Grunde nicht so schwer. Vergessen Sie bitte die ganzen Persönlichkeitsratgeber, vergessen Sie bitte auch die internen Fortbildungen zu dem Thema – bis auf ein paar nette Entspannungs-übungen sind das geistige Fleißaufgaben, die Sie nicht weiterbringen (wenn doch, gratuliere!). Sie selber hatten ja eine glänzende Ausbildung – nein, ich spreche nicht von Ihrer Zeit an der Pädagogischen Hochschule oder Universität, sondern von Ihrer Schulzeit. Auch in Ihren vielen Jahren in den Unter- und Oberstufen dieses Landes haben Sie erste Reihe fußfrei feststellen können, was gute Lehrer besser können als schlechte Lehrer.

Kleidung

Kleidung

Da Sie nun Lehrer sind, finden Sie sich nicht nur in der Schule in einer neuen Rolle. Auch die Öffentlichkeit wird Sie anders beurteilen als noch vor wenigen Jahren, als sie Schüler oder Student waren. Sie sind einen weiten Weg gegangen – und das in kurzer Zeit. Sie haben sich gewandelt vom Schüler zum Studenten und nun in wenigen Jahren zum Lehrer. Das sind Sie nun – trotz Ihrer Jugend. Erfahrungsgemäß kann diese Ihre Jugend auch belastend sein. Wenn in den ersten Jahren Ihrer Dienstzeit die Fluchtlinie, die Sie von Ihren Schülern trennt, zu gering ist und Sie beim Kopieren anfangs von älteren Kollegen weggeschickt werden („Schüler dürfen nicht kopieren!“), ist das zweifelsfrei unangenehm. Auch werden die Schüler Sie als „Eine(n) der ihren“ in Beschlag nehmen wollen, da Sie ja nur wenige Jahre älter sind. Und wenn Sie weiblich und hübsch sind, wird ab der Sekundarstufe auch die eine oder andere einschlägige Bemerkung auf Sie warten. Das soll jetzt nicht negativer klingen als es ist. Prinzipiell ist das Jungsein als Lehrer ja vor allem etwas Gutes: Der Kontakt zu den Kindern wird nie wieder so intensiv sein wie in diesen Jahren und die Kids werden praktisch von selber mit den Problemen, die für sie belastend sind, zu Ihnen gelaufen kommen, in der (meist richtigen) Annahme, dass Sie diese Probleme noch am ehesten verstehen. Und wenn Sie einige Basics beachten, kann das Ganze auch sehr bereichernd sein.

TIPP: Kleiden Sie sich eher einen Tick zu konservativ. Man kann mit Kleidung viel ausstrahlen. Die Kombi aus sehr legerer Kleidung und Jugend ist für viele Kids ein eindeutiges Signal, dass hier „was geht“. Seien Sie sich bewusst, dass die Kinder erkennen, ob Sie Markenkleidung tragen oder bei H&M einkaufen. Schüler, egal welchen Alters, sind auf allen Ebenen sehr markenbewusst. Ich muss mich seit Jahren als EDV Lehrer für mein Uralthandy „rechtfertigen“. Die Frage, wann ich endlich zum Teil mit dem Apfel greife, ist eine häufig gestellte.

Wenn Sie weiblich sind, vermeiden Sie zu körper- und figurbetonte Kleidung oder tiefere Einsichten in die Oberweite. Ich weiß schon, das klingt ein wenig nach IS. Ist es aber nicht. Sehr wohl ist es aber eine Tatsache, dass Sie es ab der Sekundarstufe mit Burschen in der Adoleszenz zu tun haben. Und da ist es nur umsichtig und ratsam, dieser besonderen Entwicklungssituation Rechnung zu tragen. Sie sind die Erwachsene, nicht der Schüler. „Persönliche“ Sprüche in Richtung Zudringlichkeit können am besten vermieden werden, wenn der Unterricht gut und seriös ist (ohne dabei langweilig zu sein!). Brachialerotiker unter den jungen Burschen („Geile Oberweite!“ „Tragen Sie einen BH?“) gibt es immer wieder und prinzipiell ist es Ihre Sache, wie Sie darauf reagieren. Meine Empfehlung (Erfahrungen fehlen mir hier naturgemäß eher) ist es, die saublöde Anrede auch dementsprechend zurück zu spielen („Wer hat der hat!“) Was denn auch sonst? Jede Art von gezeigter Betroffenheit würde in einen Flächenbrand erodieren. Selten aber doch ist man auch als Mann mit dem sexistischen Unterton konfrontiert. Einem von mir sehr geschätzten Kollegen einer Nachbarschule wurde einmal von einem 16-jährigen Schüler während des Unterrichts beschieden, er sei ein „Wichser!“ Dieser doch sehr üblen öffentlichen Anrede entgegnete der hervorragende Pädagoge wie folgt:

Er ging zum Schüler hin („Nähe herstellen!“), nahm ihn ins Visier („Kontakt herstellen!“) und sagte: „Ich bin verheiratet und habe 3 Kinder. Du hast keine Freundin und keine Kinder! Wer von uns beiden ist der Wichser?“

Zugegeben, solche Schlagfertigkeit ist nicht jedem gegeben. Aber es ist nicht verkehrt, sich für saublöde Anreden ein paar entsprechende Antworten zu überlegen und sie als Giftpfeile in den pädagogischen Köcher zu legen.